Die beste Methode, um Innenraumluft von möglichen SARS-CoV-2-belasteten Aerosolen zu reinigen, ist die Zufuhr von Frischluft

Wie müssen Arbeitsstätten in Zeiten von SARS-CoV-2 belüftet werden?


Der SARS-CoV-2-Arbeitsschutzstandard und die SARS-CoV-2-Arbeitsschutzregel fordern verstärktes Lüften für Räume in Arbeitsstätten. RLT-Anlagen mit geeigneten Filtern oder einen hohen Außenluftanteil sollen während der Betriebs- und Arbeitszeiten angeschaltet bleiben.

Infektionsweg Luft

Bei einem längeren Aufenthalt in schlecht belüfteten Räumen erhöht sich die Wahrscheinlichkeit einer Übertragung des SARS-Coronavirus. Diese Gefährdung kann durch ausreichende Lüftung verringert werden.

Hintergrund ist, dass die SARS-Coronaviren vorrangig und mit hoher Ansteckungsrate über luftgetragene Tröpfchen und – sehr wahrscheinlich – über Aerosole übertragen werden, die beim Atmen, Husten, Sprechen und Niesen entstehen.

Der Unterschied zwischen Tröpfchen und Aerosolen ist der Durchmesser und damit in der Folge die Dauer ihres Verbleibens in der Innenraumluft.

Tröpfchen haben einen Durchmesser von über 5 Micrometer, sie sind somit größer, schwerer und sinken schneller zu Boden.

Aerosole können über eine längere Zeit in der Innenraumluft bleiben. Untersuchungen zeigen, dass sich Aerosole Distanzen von über zwei Meter überwinden können. Daher hilft der Mindestabstand von 1,5 Meter gegen eine Infektion durch Tröpfchen, nicht aber gegen eine durch Aerosole.

Lüftung nach SARS-CoV-2-Arbeitsschutzregel und ASR A3.6

Die einfachste Form der Lüftung ist die Fensterlüftung. Die SARS-CoV-2-Arbeitsschutzregel empfiehlt eine Lüftung der für die Beschäftigung genutzten Räume bei Tätigkeitsaufnahme und dann in regelmäßigen Abständen. Die Lüftungsfrequenz soll an der Technischen Regel für Arbeitssicherheit Lüftung ASR A3.6 ausgerichtet sein. Diese fordert

Büroräume nach 60 Minuten und Besprechungsräume nach 20 Minuten zu lüften

Die SARS-CoV-2-Arbeitsschutzregel fordert diese Frequenz in der Zeit der Pandemie möglichst zu erhöhen.

Besprechungsräume sind zusätzlich bereits vor der Benutzung zu lüften, insbesondere dann, wenn sich zuvor andere Personen dort aufgehalten haben.

Anzuwenden ist die sogenannte Stoßlüftung über die gesamte Öffnungsfläche der Fenster. Es wird eine Lüftungsdauer von 3 bis 10 Minuten empfohlen.

Ob der jeweilige Raum ausreichend durch Öffnung der Fenster belüftet werden kann, ist jeweils an den Gegebenheiten vor Ort zu beurteilen.

Die Technische Regel für Arbeitssicherheit ASR A3.6 bietet eine Tabelle zur Berechnung der Mindestöffnungsfläche für kontinuierliche Lüftung und Stoßlüftung. Die angegebenen Öffnungsflächen sind die Summe aus Zuluft- und Abluftflächen.

SystemMaximal zulässige Raumtiefe bezogen auf die lichte Raumhöhe (h) [m]Öffnungsfläche zur Sicherung des Mindestluftwechsels für kontinuierliche Lüftung [m²/anwesende Person]Öffnungsfläche zur Sicherung des Mindestluftwechsels für Stoßlüftung [m²/10 m² Grundfläche]

einseitige Lüftung
Raumtiefe = 2,5 x h (bei h>4m: max. Raumtiefe=10 m)(angenommene Luftge-schwindigkeit im Querschnitt = 0,08 m/s)0,351,05
Quer-lüftungRaumtiefe = 5,0 x h (bei h>4m: max. Raumtiefe=20m)(angenommene Luftge-schwindigkeit im Querschnitt = 0,14m/s)0,200,60

Beispielhafte Berechnung der Mindestöffnungsfläche nach ASR A3.6

Ein Beispiel für die Berechnung der erforderlichen Lüftungsquerschnitte befindet sich im Anhang der ASR A3.6.

Lüftungsrechner der BGN

Einen Lüftungsrechner mit dem sich die Intervalle abhängig von der Raumgröße und er Anzahl der im Raum befindlichen Personen berechnen lassen, bietet die Berufsgenossenschaft Nahrungsmittel und Gastgewerbe (BGN) digital und in Papierform als Drehscheibe an.

Überprüfung der Luftqualität

Die CO2-Konzentrationein ist ein anerkanntes Maß für die Bewertung der Luftqualität. Nach der Technischen Regel für Arbeitsstätten Lüftung ASR A3.6 ist eine CO2-Konzentration bis zu 1.000 ppm noch akzeptabel. In der Zeit der Covid-19-Pandemie soll dieser Wert soweit möglich unterschritten werden, fordert die SARS-CoV-2-Arbeitsschutzregel.

Alternativ kann die CO2-Konzentration im Raum auch berechnet werden. Die Deutsche Gesetzliche Unfallversicherung (DGUV) bietet eine CO2-App dafür an.

Technische Lüftung nach der SARS-CoV-2-Arbeitsschutzregel

Das Übertragungsrisiko von SARS-CoV-2 über raumlufttechnische Anlagen (RLT-Anlagen) ist laut SARS-CoV-2-Arbeitsschutzregel „insgesamt als gering“ einzustufen.

RLT-Anlagen mit Filter

Das gilt allerdings nur, wenn die RLT-Anlagen über geeignete Filter verfügen oder einen hohen Außenluftanteil zuführen. Ältere RLT-Anlagen wälzen mitunter lediglich die Luft um. In Zerlegehallen wie bei Schlachtbetrieb Tönnies, wo im Frühsommer mehr als 1550 Mitarbeiter positiv auf SARS-CoV-2 getestet wurden, wurden Lüftungsanlagen im reinen Umluftbetrieb eingesetzt.

Einsatz von RLT-Anlagen ohne Filter im reinen Umluftbetrieb soll vermieden werden

Vor diesem Hintergrund sollen laut SARS-CoV-2-Arbeitsschutzregel der Umluftbetrieb von RLT-Anlagen, die nicht über eine geeignete Filtration verfügen, vermieden werden – soweit dies aus technischen und technologischen Gründen möglich ist, wie die SARS-CoV-2-Arbeitsschutzregel einschränkt. Welche Schutzmaßnahmen dann notwendig sind, wenn diese RLT-Anlagen ohne Filter dennoch betrieben werden, wird nicht erklärt.

Mobile Geräte, die Raumluft umwälzen

Andere dezentrale Geräte, die Raumluft ohne Frischluftzufuhr umwälzen oder erwärmen wie Ventilatoren, Anlagen zur persönlichen Kühlung (z .B mobile Klimaanlagen) oder Geräte zur Erwärmung der Raumluft (z. B. Heizlüfter) sollen der SARS-CoV-2-Arbeitsschutzregel zufolge „in der Regel“ nur in Räumen mit Einzelbelegung eingesetzt werden. Dies gilt grundsätzlich auch für mobile Geräte mit Filtern, da diese meist zu grobmaschig angelegt sind als dass sie Viren herausfiltern könnten.

Mobile Geräte in den Reinigungsplan mitaufnehmen

Zu den Bedingungen, welche die SARS-CoV-2-Arbeitsschutzregel für die Verwendung von dezentralen Geräten, die Raumluft umwälzen, formuliert, wäre noch die Forderung zu ergänzen, diese Geräte in einen an den besonderen Bedarf der Covid-19-Pandemie angepassten Reinigungsplan mitaufzunehmen, da sich an ihren Oberflächen Partikel und eben auch Viren ansammeln können.

RLT-Anlagen möglichst lange laufen lassen

RLT-Anlagen mit geeigneten Filtern oder einen hohen Außenluftanteil sollen während der Betriebs- oder Arbeitszeiten nicht abgeschaltet werden, da dies zu einer Erhöhung der Konzentration von Viren in der Raumluft und damit zur Erhöhung des Infektionsrisikos führen kann. Diese Vorgabe gilt auch für Sanitärräume.

Sofern RLT-Anlagen nicht dauerhaft betrieben werden, sind deren Betriebszeiten vor und nach der Nutzungszeit der Räume zu verlängern.

Filter für RLT-Anlagen

Kann ein Umluftbetrieb nicht vermieden werden, soll der SARS-CoV-2-Arbeitsschutzregel zufolge geeignete Filter wie z. B. Schwebstofffilter (High Efficiency Particulate Air/HEPA-Filter) verwendet werden.

Will man einen hohen Abscheidegrad (99,95 %) und damit Sicherheit vor einer Infektion erreichen und legt man die Größe des SARS Coronavirus mit einem Durchmesser von 80-160 nm zugrunde, müssen mindestens Schwebstofffilter der Filterklasse H13 verwendet werden.

HEPA 13-Filter werden im Hygienebereich etwa in Krankenhäusern eingesetzt. Die dortigen RLT-Anlagen sind auf diese Filter ausgelegt. Zu beachten ist nämlich, dass Schwebstofffilter der Filterklasse 13 zu einem höheren Filterwiderstand führen. Dies kann zu Leckagen in den Luftleitungen führen. Daher sollte überprüft werden, ob die jeweilige RLT-Anlage überhaupt und wenn ja mit welchem Filter nachgerüstet werden kann.

Filtern der Außenluft

Nach den VDI Richtlinien VDI 6022 „Raumlufttechnik, Raumluftqualität“ und VDI 3803-4 sollen moderne Lüftungsanlagen mit Filtern ausgestattet sein, die Partikel wie auch Viren aus der Außenluft filtern können.

Der Wechsel der Filter sollte nach der maximalen Filterstandzeit erfolgen oder wenn die zulässige Enddruckdifferenz erreicht ist (VDI 6022 Blatt 1). Wer den Filter wechselt, muss über eine entsprechende Qualifikation verfügen, z. B. gemäß VDI 6022 Kategorie B und wegen anderer Schadstoffe und Keime als SARS-CoV-2 ausgestattet sein (u. a. mit u. a. einen Atemschutz (mind. FFP 2) tragen, Schutzhandschuhe und Schutzbrille verwenden sowie einen Einmalschutzanzug).

Technische Luftreinigung

Die einfachste Form der Reinigung der Raumluft von möglichen SARS-CoV-2 belasteten Aerosolen besteht in der Zufuhr von Außenluft. Wo dies oder eine Zufuhr Luft durch RLT-Anlagen mit ausreichender Filterung nicht möglich sind, kann eine technischen Luftreinigung helfen.

Download

Die SARS-CoV-2-Arbeitschutzregel können Sie sich hier herunterladen.

Den SARS-CoV-2-Arbeitsschutzstandard finden Sie hier.

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